Film zu Preisträgerausstellung Paul Raas 2021

Die Ausstellung in der Berchtoldvilla ist ab
Di 14. Dezember 2021 wieder geöffnet
und läuft bis inkl. Fr 17. Dezember

DI – DO 13:00 bis 17:00 Uhr
FR 14:00 bis 18:00 Uhr

Filme zur  Preisträgerausstellung
5 Werkzyklen in 5 Räumen

Paul Raas 5 Werkzyklen in 5 Räumen

Film zur Preisträgerausstellung 2021 – Karl-Weiser-Preis

Text und Bilder zu:
Contemporary Art Coins
Drone-Art – Avantgarde 2.0
Schwärme und Partikel
Strukturen der Wirklichkeit
„DichtKunst“ Kunstmappe mit Zeichnungen
Zeilen-Arbeiten / Punkt-Arbeiten

Dank an:
Ruth Burmann
Tänzerin, Choreographin, Tanzpädagogin – Universität Mozarteum
Christoph Janacs
Schriftsteller
Clara Kanz
Galeristin, Galerie Trapp
Volker Toth
Verleger, Edition Tandem
Ulrike Wegenkittl-Neumayer
Germanistin, Universität Salzburg

Informationen zu den fünf Räumen

Die Idee

Der aktuelle Trend mit digitalen Währungen, wie beispielsweise BitCoins, hat Paul Raas dazu angeregt, künstlerisch über das Verhältnis Geld – Mensch – Kunst zu reflektieren und eine Bild-Form dazu zu suchen. Die philosophische Hauptfrage dabei war, welche Prozesse dazu führen, dass eine Sache einen Wert bekommt, der nicht nur individuell, sondern mehrheitlich anerkannt wird. Bei den neuen digitalen Währungen ist es ein Zusammenspielen von Innovation, Angebot und Nachfrage. Bei allen Dingen, die beispielsweise einen emotionalen, politischen oder ästhetischen Wert haben, ist es komplizierter. Der künstlerische Wert ist sehr subjektiv und doch gibt es auch gesellschaftliche Übereinkünfte darüber, ob und wann Kunst viel oder weniger Wert ist. Ein komplexes und ambivalentes Spiel und ein Grund dafür, dass man immer zwischen Kunstmarkt und Kunst unterscheiden sollte.

Paul Raas hat sich entschieden, mit seinen Kunst-Münzen eine eigene „künstlerische Währung“ herauszugeben. Der Wert jeder Münze liegt im Auge des Betrachters und doch haben alle Münzen auch vieles gemeinsam. Im eigentlichen Sinn sind es keine Münzen, sondern kleine runde Kupferplatten für Kupferdrucke auf Büttenpapier. Die Kunst-Münze ist nur das Hilfsmittel für das Kunstwerk, den Kupferdruck. Das fertigt Kunstwerk besteht bei Raas aus dem Druck auf Büttenpapier und, wie sonst nicht üblich, der konservierten Druckplatte – dem Contemporary Art Coin. Die münzenähnliche Platte und das spiegelverkehrte Bild stehen gegenüber. Der Bildgeber und das spiegelverkehrte Bild sind vereint.

Zur künstlerischen Technik

Runde Kupfer- und Silberscheiben mit einem Durchmessern von 4 cm werden in verschiedenen Radiertechniken bearbeitet und geätzt. Die dadurch entstandenen Vertiefungen im Metall werden mit Druckerschwärze eingefärbt. Die Druckfarbe wird sorgfältig von der Oberfläche der Platte entfernt. Die Tiefdruckpresse bringt die Farbe aus den Vertiefungen auf angefeuchtetes hochwertiges Büttenpapier. Die Technik der Radierung geht bis ins 12. Jahrhundert zurück und war über die Jahrhunderte eine preisgünstige Reproduktionstechnik für Bildmotive. Als bekannteste Kupferstich-Künstler ist hier wohl Albrecht Dürer zu nennen. Heute steht nicht mehr unbedingt die Reproduktionsmöglichkeit eines gedruckten Bildes im Vordergrund, sondern die künstlerische Ausdruckskraft der Radierung.

Mitmach-Kunst

Besucher*innen können jeden Tag den aktuellen „Börsen-Wert“ der Contemporary Art Coins an dem Chart-Bild festlegen. Der Preis darf zwischen 100.- und 500.- Euro schwanken. Nehmen Sie dazu den Edding und zeichnen Sie die Kurve weiter (immer nur für den aktuellen Tag). Ein vermeintlich einfaches künstlerische Spiel, jedoch mit großen Auswirkungen auf diesen Mikro-Kunstmarkt. Ihre Entscheidung kann egoistisch sein (möglichst günstig Art Coins an diesem Tag erwerben), oder altroistisch (dem Künstler und der Galerie möglichst viel Einkommen ermöglichen). Ist der Preis zu hoch, sind Verkäufe unwahrscheinlich. Ist der Preis zu gering, könnte das Neid bei anderen Käufern an anderen Tagen auslösen. Es gibt hier viele Aspekte, die ineinander greifen und auch bei diesem kleinen künstlerischen Experiment derzeit noch unabsehbare Eigendynamiken schaffen.

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Paul Raas hat bis dato (2021) zwei DichtKunst-Grafikmappen heraus gebracht:

Mappe 1 (2020)
„DichtKunst Paul Raas“
Kunstmappe mit kalligraphischen Zeichnungen zu bekannten Gedichten berühmter Dichter

Mappe 2 (2021)
„DichtKunst – Annäherungen an Stefan Zweig“
Bildnerische Hommagen zum 140. Geburtstag
(Am 28. November 2021 jährt sich Stefan Zweigs Geburtstag zum 140. Mal.)

Dabei handelt es sich um FineArt-Prints auf Basis von Tusch-Zeichnungen in kleiner Auflage. Aussagen oder Stellen in Gedichten, die den Künstler besonders bewegen, sind in einer Mischung aus flotter Tuschzeichnung und kalligrafischen Textauszügen auf das Blatt gebracht.

Innovative Kunst:
Auf jedem Blatt findet sich ein (wie auch in der japanischen Druckgrafik ähnlich üblich) roter „QR-Code-Stempel“. Dieser kann mit jedem Smartphone gescannt werden und es erscheint das Gedicht zum Kunstwerk. Somit verbinden diese Grafiken die Kunstgattung Dichtung und Zeichnung sowie die Medien Papier und Internet.

Man kann einzelne Blätter der Mappe entnehmen und gerahmt aufhängen. Mit den roten QR-Code-Stempeln in den Zeichnungen können die Gedichte am Smartphone gelesen werden. Diese Idee holt die altmeisterlichen Gedichte in unsere multimediale Zeit. Dichtkunst 2.0 sozusagen.

Paul Raas im Corona-Shutdown 2020

„Da ich mein Atelier in der ersten Shutdown-Phase nicht nutzen konnte, habe ich mir ein Thema und eine Technik gesucht, die ich auch gut zuhause und auf der familiären Almhütte anwenden konnte. So habe ich begonnen, Gedichte, die ich besonders liebe, in Tusche auf kleinen Blättern bildnerisch zu interpretieren. Die Idee hat sowieso schon lange in mir gegärt, Corona hat den nötigen Raum dafür geschaffen. Endlich wiedermal weg von den größeren Formaten und der teils aufwendigen Gravur und mehrschichtigen Maltechnik.
Besonders inspirierend war das Zeichnen auf der Almhütte. Eine sehr gute Goethe-Interpretation hat eine Kuh leider von meinem Maltisch geleckt. Sie war wohl anderer Meinung als ich.
In der Ruhe und Abgeschiedenheit der Alm habe ich auch den kalligrafischen Zeichenstil entwickelt, der die Serie „DichtKunst“ ausmacht.“

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Inspiriert durch die avantgardistischen Bewegungen des letzten Jahrhunderts, insbesondere durch Fluxus, Aktionismus und Konzeptkunst, erweiterte Paul Raas 2017 seinen Zyklus „Robotische Kunst“. Zuletzt waren es Nano-Roboter, die für und mit dem Künstler arbeiteten. Jetzt sind es kleine und mittelgroße Drohnen (Quadrocopter), die Paul Raas als Malwerkzeuge einsetzt. Es malen hier der Künstler, der Wind, die Schwerkraft und die komplexe Flugmaschine. Im Oktober 2016 fand die erste Malsession in der ehemaligen Gärhalle der Trumer Privatbrauerei statt. Es entstanden vier große Arbeiten auf Leinwand.
2017 fand eine größere Aktion statt, diesesmal vor Puplikum. Dabei wurden große Leinwände am Boden ausgelegt und der Künstler, eine Tänzerin und eine fliegende Drohne haben diese Leinwände live vor Publikum bemalt. Ruth Burmann hat dazu eigens eine Choreografie entwickelt und zeigte einen Tanz mit Farbe und Drohne. Den musikalischen Part der Malaktion übernahm Cora Krötz.

Drone-Art ist eine künstlerische Antwort auf eine technische Revolution der letzten Jahre. In allen Drohnen, ob sie nun für Paketdienste, Filmaufnahmen, als Spielzeug oder im Krieg eingesetzt werden, kommen IMU (inertial measurement unit) zum Einsatz. Hier sind einen Kreisel (Gyro), ein Beschleunigungsmesser (Accelerometer) und oft auch einen Kompass (Magnetometer) in einem Bauteil vereint. Das IMU misst in Sekundenbruchteilen und gibt die Informationen an die Motoren weiter. Dieser Chip ist mittlerweile sehr ausgereift, sehr schnell und günstig. Eine solche Innovation muss laut Paul Raas künstlerisch bearbeitet werden, damit der Diskurs zu Nutzen und Einsatz auch von dieser Seite begleitet wird. Drohnen überwachen, werfen Bomben – machen aber auch Kunst. Technische Innovationen schleichen sich meist unbemerkt in unsere Welt ein.

Plötzlich gibt es beispielsweise das Thema Drohnen in unseren Gärten und Parks – es entsteht ein kurzer Hype und dann ist die Innovation, meist ohne tiefere Auseinandersetzung, in der Gesellschaft angekommen. Paul Raas geht bewusst auf diese Innovationen ein und sucht mit der künstlerischen Arbeit andere Blickwinkel auf das Geschehen. Die Geschwindigkeit technischer Neuerungen ist imposant schnell, also sollten wir auch möglichst bald möglichst viele darüber nachdenken.

Im Raum finden Sie Arbeiten aus den verschiedenen Aktionen und eine Video der Aktion in der ehemaligen Gärhalle der Trumer Privatbrauerei:

Video Drone-Art

Kunstaktionen mit Drohnen,
Konzept und Malaktion: Paul Raas
Choreografie und Tanz: Ruth Burmann,
Hang: Cora Krötz, Drone/Swarm:
Jonas Burmann und der Drohnen-Bewegungschor

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Paul Raas zu seinen Schwarm-Bildern, Schwarm-Installationen und Schwarm-Animationen:

Zum Entstehen der Schwarm-Bilder:
Auf die Holzplatte malt Paul Raas zuerst ein „abstraktes Universum“, in das ich im nächsten Arbeitsschritt mit Stempel-Technik nach und nach die Akteure setze.
Der erste Akteur gibt eine Richtung, eine Idee vor, auf die der nächste reagiert, usw.. Mit jedem weiteren werden Zusammenspiel und Bewegungsrichtungen immer komplexer. Das ist eine sehr spannende Malweise, die Künstler und Bild durch den abstrakten Raum treiben! Der Künstler fühlt sich wie ein Schöpfer einer Gesellschaft, nach und nach tritt das Individuum zurück und das Ganze gewinnt an Bedeutung. Es entstehen Ströme und Gegenströme, Einzelgänger setzen sich ab und „Influencer“ ziehen ganze Gruppen in ihre Richtung…

Zur Schwarm-Spiegelinstallation hier im Raum:
Die Schwarmbilder reflektieren auf das Zusammenleben von Individuen. Strömungsrichtungen, Einzelgänger, Systemgewinner, Mitläufer, Gegenstromschwimmer – das alles und mehr findet sich in seinen Bildern. In der Installation sind die Betrachter in den Spiegeln Teil der künstlerischen Auseinandersetzung. Paul Raas möchte mit dieser Installation im Gedenken an Martha Weiser auch das „Nachdenken zum Miteinander“ anregen.

Interaktive Simulation:
„Die Inspiration und das konzeptuelle Fundament für meine Bilder mit Schwärmen und Partikeln hole ich mir von Naturbeobachtungen (Vogelschwärme, Fische, Insekten, etc.), aus wissenschaftlichen Abhandlungen und auch aus Schwarm-Simulationen, die ich mir auf Basis aller Eindrücke programmiere.“
Beim Malen sind es Millionen Faktoren, die das Bild formen. Der Gedanke im Moment des Drucks, ein Luftzug, ein akustischer Reiz, die Armbewegung vom Farbe-Holen bis zum Farbe-Auftragen, …
Bei der Computer-Simulation lege ich wenige ausgeklügelte Funktionen fest. Was geschieht in welcher Geschwindigkeit, wenn ein Individuum auf das andere trifft, wie wird auf Bewegung und Geschwindigkeit reagiert und in welchen Entfernung beeinflussen sich die Individuen wie stark. Viel ist hier gar nicht zu machen. Wenn sich ein, zwei oder drei Individuen am Bildschirm bewegen, ist es auch nicht sehr spannend. Doch die Sache wird schnell sehr komplex, wenn es 20, 30 oder mehr sind. Es muss doch etwas Tieferliegendes bedeuten, wenn schon sehr einfache Computersimulationen zur Schwarmbewegung etwas derart ästhetische hervorbringen, wie wir es sonst nur in der Natur finden.

Besucher können mit Tippen auf den Bildschirm weitere Individuen hinzufügen und so in das Geschehen eingreife – wenn auch nur bedingt, denn der Schwarm bewegt sich nach seinen eigenen Gesetzen.

Warum überhaupt die Simulationen?
Es ist ein kleines Geheimnis von mir, das ich mich bei meinen Bilder nicht nur auf Beobachtung und Ausführung verlasse, sondern auch von Logarithmen inspirieren lassen. Aufs Erste kein sehr kreativer Gedanke. Mit künstlerischer Programmierung (s.a. meine Projekte zur Künstlichen Intelligenz) habe ich begonnen, da ich diese Tools nicht nur Wissenschaftler*innen, der Rüstungsindustrie und Marketingabteilungen überlassen möchte, sondern als Künstler dazu reflektieren möchte. Es ist einfach sehr spannend, auch diesen Teil unserer Welt in den eigentlich manuellen Malprozess einzuweben.

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Zwischen den Zeilen
Paul Raas sucht die Wirklichkeit im Nichts. Im Weiß zwischen Zeilen, in tiefer, sinnentleerter Meditation, im leeren Raum zwischen den Sternen. Das Sein ist ein Abdruck im Nichts. Die gemalten Linien sind nur eine Ansammlung von Pigmenten, die für einen gewissen Zeitraum das Nichts strukturieren dürfen.

Emergenz
Angeregt durch das Große und das Kleine, durch Nähe und Abstand, hat Paul Raas seine Punktbilder-Maltechnik entwickelt. Jeder Punkt ist mit Tusche von Hand gesetzt, ist Lage, Zeit und Ausdehnung zugleich. Erst im Kollektiv entsteht das reale Abbild – und doch ist dieses schon in jedem einzelnen Punkt angelegt.

Suche nach der Technik 1985-2005
Text von Paul Raas, Katalog 2011
Angefangen habe ich mit der Fotografie – hauptsächlich SchwarzWeiß-Fotografie. In den Anfängen zu Hause und in der „temporären Dunkelkammer“ im Badezimmer, später im Wohnatelier in Salzburg Nonntal mit Studio und Dunkelkammer. Doch bald war mir das Foto als einziges künstlerisches Medium zu „glatt bzw. exakt“ und zu vergänglich. Seitdem bin ich auf der Suche nach anderen Möglichkeiten, Bilder umzusetzen und mit meinen Gedankenkonstrukten zu verbinden. Ziel war dabei immer, moderne Technologien mit altem Druckhandwerk zu verbinden. Den Kupferdruck habe ich in der Werkstatt meiner Mutter erlernt, dort konnte ich mein Taschengeld mit dem Druck von Auflagen verbessern. Später habe ich mir Lithografie, Hoch- und Öldruck angeeignet und eine Zeit lang leitete ich die Siebdruckwerkstatt in der Berufsvereinigung der Bildenden Künstler Salzburg. Durch meine Erfahrung als Werbegrafiker überschnitten sich die manuellen Drucktechniken sehr bald mit den kommerziellen Techniken, die sich bis heute rasant weiterentwickeln. Immer wieder fanden und finden sich dabei für Künstler Möglichkeiten, aus beiden Bereichen zu schöpfen. Zwei große Revolutionen waren dabei der Umstieg von der analogen zur digitalen Fotografie, sowie die digitalen Druck-, Be- und Verarbeitungsmöglichkeiten. Ich bin immer hin- und hergerissen zwischen der Faszination, die von der Hightech-Entwicklung ausgeht, und jener, die das überlieferte, oft mühseligere alte Handwerk mit sich bringt. So ist es gekommen, dass viele meiner Arbeiten einen Schaffensprozess durchlaufen, bei dem sich analoge und digitale Arbeitsschritte ablösen. So folgt zum Beispiel einer Ideenskizze ein Fotoshooting, diesem eine digitale Kollage am Computer und dieser eine analoge Umlegung der (teilweise mit selbstgeschriebenen Programmen erstellten) Rasterpunkte auf den Druckstock. Endgültig gedruckt oder gemalt werden die Sujets auf edle Büttenpapiere oder auf vorweg bemaltes Papier oder bemalte Leinwand. Diese künstlerische „Grundierung“ des Bildträgers bedeutet mir sehr viel, da ich hierbei sowohl meinen Hang zum Informellen als auch zum Abstrakten voll ausleben kann. Wenngleich ich auch sehr farbreduziert arbeiten muss, damit das vorbereitete Sujet dann noch genug Kontrast hat. Diese „Bilder unter den Bildern“ werden in vielen meiner Arbeiten sichtbar.
Wie viel Zeit soll ein Künstler in den handwerklichen, technischen Teil seiner Arbeit investieren? Das wird man wohl nicht beantworten können. Ich habe manchmal vielleicht zu viel Zeit in diesen Teil meines Künstlertums investiert und mir so ein Stück Freiheit genommen. Heute bin ich aber froh, auf diesen Fundus aufbauen zu können. Wenn sich eine Idee langsam in mir kristallisiert, ist es egal, ob sie in Form von Hochdruck, Zeichnung, Website, Foto oder Software, oder als Mischung aus allen diesen auf die Welt kommen möchte. Sie sucht sich einfach den besten Weg … und ich kann ihr das bestmögliche Umfeld bieten. Trotzdem: Das Analoge steht für mich immer über dem Digitalen. „Kunst braucht den manuellen Prozess.“ Diesen Satz habe ich vor langem von Walter Koschatzky gehört, und er hat mich beeindruckt.

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Wie wäre das, wenn wir einen feinen Sinn für Gravitation hätten. Wir könnten die Anziehungskraft von Gegenständen fühlen und wenn wir bei einem Berg vorbeiführen, würde wir uns in dessen Richtung Neigen. Wir würden fühlen, wo der Mond gerade steht und wie uns die Sonne in einer Laufbahn hält. Und wenn wieder einmal eine Gravitationswelle unsere Galaxie durchzieht, würden wir darüber wie über das Wetter sprechen. „Hast du es auch bemerkt – da war wohl wieder ein größeres kosmisches Ereignis.“
Wenn wir mit dem Flugzeug über den Himmel rasen, würde jeder die leichte Zeitverschiebung merken und damit scherzhaft ein Zuspätkommen kommentieren. Und die Relativitätstheorie wäre für uns alle zuerst ein Gefühl und erst später gelerntes Konstrukt. So wie die Hitze einer Kerzenflamme, an der man sich die Finger verbrennen kann.

Paul Raas arbeitet mit diesen Gedanken und setzt große Massen – meist Berge – in Zeit und Raum. Äste und Strukturen durchziehen seine vermeintlich realistischen Arbeiten.

Text von Dr. Nikolaus Schaffer (SALZBURG MUSEUM em.) anl. der Ausstellung mit Bergbildern in der Galerie Weihergut:
Paul Raas ist ein Grafiker, der erstaunliche Perspektiven aufreißt und sich dabei weder technisch noch inhaltlich übermäßig verausgaben muss. Gewissermaßen mit spielerischem Ernst und ohne grandiose Attitüde erobert er das Weltall – ein Magier, der sich auf eine grundsolide Handwerklichkeit verlassen kann. Was spekulativ und vermessen scheint, leuchtet bei ihm unmittelbar ein und bedarf keiner mühsamen assoziativen Umwege.
Raas experimentiert mit den optischen Grundlagen und ihrer technischen Umsetzung und erkundet im Zuge dessen – im Analogieverfahren – universelle Dimensionen. Ohne großen metaphorischen Aufwand entstehen Schöpfungsbilder und Weltraumphantasien. Der Hang zum Informellen, Abstrakten einerseits und zum Seriellen, Gerasterten andererseits gibt einen Spannungsbogen vor, den Raas virtuos im Griff hat. Durch Überblendungen von malerischen und grafischen Bildebenen erzielt er überraschende Tiefenwirkungen kosmischen Ausmaßes. Die gespachtelte Grundierung, die schon durch ihren milchigen Farbklang an galaktische Dimensionen gemahnt, wird überblendet mit konkreten Berg- und Baummotiven in Hochdrucktechnik sowie von mehr oder weniger mutwillig eingeritzten Linien und Strichbündeln durchzogen, die gewissermaßen ins Unendliche vorstoßen. Neuerdings erprobt Raas diese Kombinationen, um spärliche Farbwerte bereichert, in Scheibenform. Das von Künstlern im allgemeinen eher gemiedene Rundformat erweist sich für den explorativen Salzburger als Glücksfall- seine „Planeten“ scheinen sogar im Hängen zu kreisen.
Der vielseitig belesene Raas kommentiert seine Arbeiten mit mathematischen, physikalischen, philosophischen, ja sogar theologischen Auslassungen, ohne doch je als ein verkopfter Künstler zu erscheinen. Die Arbeiten wirken mitnichten überfrachtet, sondern bestechen durch ihre ökonomische Transparenz und Klarheit.
Den letzten Rest von esoterischem Beigeschmack nimmt er seinen „kosmischen Scheiben“ durch rigorose Schnitte, welche die vom Betrachter allzu bereitwillig zur Kugelgestalt ergänzte Kreisform in duale Kontrastfelder auflösen. Damit eröffnet er den Gedankenflügen die Möglichkeit, das Bildhaft-Dekorative gänzlich hinter sich zu lassen und in spirituelle Gefilde zu gleiten.

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Die Karl-Weiser-Stiftung hat den Künstler Paul Raas 2021 mit der Erstellung einer Gedenktafel zu Martha Weiser beauftragt.

Die kreisrunde Gedenktafel mit fast einem Meter Durchmesser ist in Bronze gegossen und zeigt in der typischen kalligrafischen Handschrift des Künstlers einen wichtigen Satz aus der Autobiografie von Martha Weiser: „Die Vögel haben ihre Nester. Die Füchse ihre Höhlen.“.

Martha Weiser zitiert hier leicht abgewandelt eine bekannte Stelle aus der Bibel und das im Kontext zu einem großen Glücksgefühl, das sie durchdrang in einem Moment, in dem sie völlig verarmt und ohne Dach über dem Kopf war. Sie schrieb. „Eine unglaubliche Freiheit erfüllte mich, eine Verbundenheit mit der Armut Jesu und mit allen Armen dieser Welt. Diese Nacht bestärkte meine Liebe zur Armut und diese Liebe hat mich bis heute, da ich alt und nicht mehr arm bin, nicht verlassen.“

Diese Textstelle hat Paul Raas besonders berührt und er sieht sie auch als eine Mahnung in unserer reichen, auch egozentrischen Zeit, sich wieder auf das Einfache, auf das Glück mit dem Nichts und auf die Schönheit des Gebens zu besinnen.

In der Mitte steht in einer Spirale der Text „Im Gedenken an Martha Weiser 1913 – 2008. Salzburgs erste weibliche Stadträtin und Initiatorin der Ausstellungsräume Berchtoldvilla“.

Weitere Informationen auf der Website www.martha-weiser.at

Info-Blätter in den Räumen

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